Alles Banane oder was?

Wissenswertes und Kritisches über ein krummes Ding

So lautete die Überschrift über einem Artikel unseres Projektkoordinators Dr. Stefan Rother, der 1999 im TROPICA VERDE SPEZIAL über den Bananenanbau in Costa Rica erschien – nach wie vor sehr aktuell, weil sich die strukturellen Probleme des Bananenanbaus in riesigen Monokulturen leider nach einer Phase von Verbesserungen wieder eher verschärft haben:

  • Abholzung tropischer Wälder für neue Anbauflächen,
  • massiver Pestizideinsatz in den Plantagen und aus der Luft,
  • Vergiftung der Gewässer, des Meeres und des Grundwassers,
  • Krankheiten der Arbeiter und der Wohnbevölkerung, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten,
  • Rückgang des Wildtierbestandes und Verlust der

Bananenstaude

Konkret: Gegen die mehr als 70 Bakterien-, Pilz-, Wurm- und Insektenarten, gegen die es auf den Monokulturen keine natürlichen Feinde gibt, werden tonnenweise Pestizide ausgebracht, die bei den häufigen Tropenregen in die Bäche gespült werden. Zusätzlich werden die Bananenstauden bis zur Ernte in blaue Plastiksäcke gepackt, die mit Pestiziden imprägniert sind, aber bei der Ernte und in den Waschanlagen die Arbeitskräfte kontaminieren. In diesem Gebiet leben rund 33.000 Menschen, die mittlerweile kein sauberes Trinkwasser mehr haben.

Gerne würde ich hier über die Fortschritte in Bezug auf einen reduzierten Chemieeinsatz, mehr Naturschutz, verbesserte Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten schreiben, aber wir von Tropica Verde e.V. stehen für Transparenz und Aufklärung.

Gerne würde ich hier über die Fortschritte in Bezug auf einen reduzierten Chemieeinsatz, mehr Naturschutz, verbesserte Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten schreiben, aber wir von Tropica Verde e.V. stehen für Transparenz und Aufklärung. 

Starke Verschmutzung mit Pestiziden im Umkreis von Bananenplantagen

Nach einer neuen Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) aus den Jahren 2019, 2022 und 2023 wurde auf der karibischen Seite im Grenzfluss Sixaola und der Lagune von Gandoca – einem Naturschutzgebiet – ein Cocktail von 33 Pestiziden nachgewiesen, von denen allein 13 die zulässigen Werte um bis zu 24 mal überschreiten. Dabei wurden Substanzen nachgewiesen, deren Anwendung in Europa und Nordamerika zwar verboten, der Export in Länder wie Costa Rica aber immer noch erlaubt ist. Genauer Informationen sowie die unten stehende Grafik finden Sie in diesem Artikel aus Costa Rica (Spanisch).

Hohe Verschmutzung durch Pestizide im Umkreis von Bananenplantagen im Fluss Sixaola

Seit vielen Jahren versucht Rainforest Alliance auch im Gebiet Sixaola, mit einem Zertifizierungssystem die Produktionsbedingungen auf den Bananenplantagen zu verbessern, aber viele Betriebe setzen weiter unkontrolliert Pestizide ein:

Die Behörden vor Ort haben meist nicht die Kapazitäten, sichere Lagerung und Transport dieser giftigen Pestizide zu gewährleisten. Viele FarmerInnen verfügen nicht über das Wissen und die Ausbildung, um sich vor den Risiken zu schützen, die diese Produkte für ihre Gesundheit und die Umwelt mit sich bringen. Das hat verheerende Auswirkungen auf Ökosysteme und Biodiversität sowie auch auf die Gesundheit von ErzeugerInnen, ArbeiterInnen und landwirtschaftlichen Gemeinschaften (Bericht vom 10.09.2021).

Obwohl Costa Rica doch seit Jahrzehnten viele Naturschutzgebiete ausgewiesen und mit MINAE und der SINAC gleich 2 wichtige Naturschutzbehörden eingerichtet hat, der Ökotourismus eine große Rolle spielt und die Costaricaner stolz sind auf das positive Image ihres Landes, ist dieses kleine Land drittgrößter Exporteur der Ananas und mit Ecuador eines der wichtigsten Bananenproduzenten. Und das hat Folgen für die Umwelt, denn nach einer Erhebung der FAO von 2020 ist Costa Rica das Land mit dem weltweit höchsten Verbrauch an Agrochemikalien.

Wie konnte es aber trotz der durchaus vorbildlichen Umweltschutzgesetze überhaupt dazu kommen? Zum einen gibt es auf der unteren Verwaltungsebene vor Ort weder die personelle Ausstattung für eine systematische Überwachung mit entsprechenden Analysemethoden und Laboren noch die erforderlichen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Produzenten. 

Gefährliche Pestizide sollen verboten werden

Auch wenn diese Fakten schockierend sind, mindert das keineswegs unser Engagement, im Rahmen unserer Möglichkeiten die tropischen Wälder, die Tierwelt und die Artenvielfalt zu schützen und uns für gesunde und nachhaltige Lebens- und Arbeitsbedingungen der örtlichen Bevölkerung einzusetzen – einschließlich Umweltbildung in den Schulen.

Hoffnung macht derzeit eine parteiübergreifende Gesetzesinitiative im Kongress, um endlich die gefährlichsten Pestizide zu verbieten und gleichzeitig finanzielle Belohnungen an die Betriebe zu zahlen, die ihren Chemieeinsatz reduzieren.

El esfuerzo más significativo se trata de un reciente proyecto de ley presentado por la diputada Kattia Cambrionero con apoyo multipartidario que propone prohibición de plaguicidas altamente peligroso.          (Quelle: PNUD) 

Ananas-Monokultur im Norden Costa Ricas

Außerdem hatte eine Direktorin des Umweltamts der Republik vor geraumer Zeit die Regierung verpflichtet, nationale Richtlinien für den Pestizideinsatz herauszugeben, die unter Beteiligung der Umwelt-, Landwirtschafts- und Gesundheitsministerien zu erstellen sind. Das ist allerdings auch infolge tiefgreifender Zielkonflikte immer noch nicht geschehen. Hier stehen exportorientierte Wirtschaftsinteressen dem nachhaltigen Schutz der Gesundheit und der Umwelt gegenüber. Wir kennen diesen Konflikt auch bei uns.

Erst langsam wächst die Einsicht, dass die bisher praktizierte Bananen- und Ananasproduktion in Monokulturen mit dem übermäßigen Pestizideinsatz nicht nur für das Land Costa Rica mehr Schaden als Nutzen bringt, sondern sich für die Produzenten selbst bald nicht mehr lohnt, denn sie hängen mittlerweile in einem ökonomischen Teufelskreislauf: 

  • Preisdruck: Um bei dem enormen Preisdruck durch unsere Fruchtimporteure und dem Preisverfall der letzten 20 Jahre noch bestehen zu können, wurde nicht nur auf die Steigerung der Anbaumenge gesetzt, sondern der massenhafte Pestizideinsatz soll vor allem Ernteausfälle durch Schädlinge verhindern.
  • Lobbyarbeit: Dazu kommt die fatale Rolle der Agrochemiekonzerne wie Monsanto und Bayer mit erfolgreicher Beratungs- und Lobbyarbeit, um ihre Produkte zu verkaufen.
  • Abhängigkeit: Das wiederum bringt die Agroproduzenten in eine starke Abhängigkeit und schmälert zusätzlich ihre Rendite, die ja tatsächlich schon sehr gering ist.
  • Einsparungen: Wo könnte eingespart und der Gewinn verbessert werden? Bei den Löhnen, sodass in der Bananen- und Ananasproduktion überwiegend Tagelöhner aus Panama und Nicaragua unter schlechten Bedingungen arbeiten.
  • Gleichzeitig dringen die EU und unsere Verbraucher zu Recht auf gesunde Früchte ohne Pestizidrückstände, mit Zertifizierung, mit TransFair-Siegel und menschen- würdigen Arbeitsbedingungen.
  • Weltmarkt: Den Weltmarkt beherrschen vom Anbau bis zur Ladentheke zu zwei Drittel die US- Fruchtmultis Chiquita (ehemals United Fruit), Dole (Standard Fruit) und Del Monte.
  • Verteilung des Gewinns: Fast ein Drittel des Ladenverkaufspreises von meist 0,99 bis 1,50 Euro je Kilo kassieren die Großkonzerne. Rund 40 Prozent gehen an den Einzelhandel, ein Sechstel an die Reifefirma. Für die Plantagen bleibt nur ein Zehntel übrig.
  • Preise werden gedrückt: Überproduktion drückt seit Jahren die Preise. Derzeit ist bei Billigketten wie Aldi das Kilo schon für 79 Cent zu bekommen. Trotzdem sinkt der Konsum pro Kopf in Europa und den USA.
  • Anfälligkeit der Sorte: Cavendish ist derzeit die meist angebaute Sorte – ein Hybrid ohne fortpflanzungsfähigen Samen. Diese Sorte ist allerdings durch einen hartnäckigen Bodenpilz aus Asien beeinträchtigt, der alle Monokulturen weltweit bedroht. Von den über 1500 registrierten Bananensorten gibt es allerdings keine pilzresistente als Ersatz.

Gibt es Auswege und Lösungen?

Was schon vor Jahren im Kaffeeanbau, bei Kakao und bei Melonen zu einem deutlichen Rückgang des Pestizideinsatzes geführt hat, muss nun endlich auch bei Bananen funktionieren:

Weg von den Monokulturen, hin zu naturnahen Agroforst-Mischkulturen mit Bäumen, Sträuchern und Bodenbedeckern. Weg von den Sprühflugzeugen und Plastiksäcken, hin zu direkten Injektionen in die Pflanze. Weg von der Massenproduktion, die zu Überangebot und Preisverfall geführt hat, hin zu auskömmlichen Erzeugerpreisen.

Und hier sind unsere deutschen Handelsketten REWE, ALDI, LIDL und EDEKA in der Verantwortung, die als marktbeherrschende Importeure den Preisverfall forciert haben. Das Lieferkettengesetz verpflichtet sie nun, einen Beitrag zur Verbesserung der Lebens- und Produktionsbedingungen entlang der Lieferkette zu leisten. So lobenswert einzelne Vorzeigeprojekte auch sind (wie beispielsweise San San und Nogal von REWE) – solange der Giftcocktail im Grenzfluss Sixaola nicht beseitigt ist, gibt es keine Entwarnung. Wir von Tropica Verde e.V. bleiben an diesem Thema dran.

    Ehrenamtlicher Wolfgang Schmidt

    Wolfgang Schmitt

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