Ananas – Sonnengewächs mit düsterem Schatten

 

Ananas ist längst keine Seltenheit mehr im deutschen Warenkorb. Dank ihrer erfrischenden Süße, ihres Vitamin- und Enzymreichtums sowie ihres spottbilligen Preises erfreut sich die Frucht äußerster Beliebtheit unter den heimischen Konsumenten. In Deutschland wurden 2007 circa 2,6 kg Ananas pro Haushalt verzehrt (1). Im Jahre 2010 war Deutschland laut der United Nations Conference on Trade and Development weltweit viertgrößter Importeur von Ananas (2).

Doch das süße Sonnengewächs wirft einen düsteren Schatten. Was der Anbau in Monokulturen für Land und Leute bedeutet, wie SAN-Standards Arbeits- und Umweltschutz garantieren sollen und wie man als Verbraucher auf die Ananasproduktion Einfluss nehmen kann, wollen wir an dieser Stelle etwas genauer beleuchten.

 

Was bedeutet der Anbau einer Frucht als “Monokultur”?

Der Anbau der Ananas erfolgt in riesigen Monokulturen; in Costa Rica handelt es sich um 54.000 Hektar, die ausschließlich für die Erzeugung der Bromelienart gebraucht werden (3). Es handelt sich dabei um “Einfeldwirtschaft”, das bedeutet, dass nur eine Frucht über viele Jahre und sogar Jahrzehnte auf einer Fläche angebaut wird. Ein Vorteil dieser Landwirtschaftsform ist die industrielle Effektivität und Spezialisierung bei Anbau und Ernte. Bei einer Fruchtfolge, einem jährlichen Wechsel im Pflanzenanbau, müssten beispielsweise zusätzlich noch andere Maschinen und Packstationen angeschafft werden. Die Ananasbetriebe würden weniger verdienen (4).

Aber die Einfeldwirtschaft bringt viele Nachteile, wie der Ananasanbau in Costa Rica deutlich macht: Die Ananaspflanzen wachsen sehr eng nebeneinander, so dass keine weitere Vegetation oder Tierart auf den Feldern einen Lebensraum findet. So wird das ökologische Gleichgewicht zerstört und das macht die Ananas anfällig für Schädlinge. Da Schädlinge und Krankheiten nur bei wechselnden Fruchtsorten und Mischkulturen auf natürliche Art reguliert werden, müssen sie bei Monokulturen zwangsläufig mit giftigen, teilweise in Europa verbotenen, Pestizid- und Fungizidmitteln bekämpft werden. Da die verwendeten Pestizide sehr unspezifisch wirken, wird dabei gleichzeitig jegliches Leben ausradiert.

 

Welche weiteren Konsequenzen hat diese Landwirtschaftsform für die Umwelt?

Damit die riesigen Plantagen entstehen können, muss viel Fläche, leider auch Regenwald gerodet werden. Für waldbewohnende Tiere und Pflanzen wird dadurch der Lebensraum drastisch eingeschränkt. Dies führt zu einem Rückgang der Biologischen Vielfalt. Hinzu kommt folgendes Problem: Die eingesetzten, sehr giftigen Pestizide werden durch die heftigen Regenfälle, die in der tropischen Region an der Tagesordnung sind, ausgewaschen. Sie vergiften das Trink- und Grundwasser der umliegenden Gemeinden sowie der Bäche und Flüsse.

 

… und die Bewohner der umliegenden Dörfer?

Wer früher Kleinbauer war, hat heute seine Äcker an Dole, Del Monte, Chiquita oder deren Vertragsbauern verkauft. Die ehemaligen Bauern wurden von der Selbstständigkeit in die Lohnarbeit getrieben, oft ohne gewerkschaftlichen Schutz. Die Großbauern stellen die Arbeiter auf Probe ein und entlassen die Leute nach drei Monaten, um sich die Sozialabgaben zu sparen (5).

Die Menschen in den Dörfern sind aufgrund der hohen Kontamination des Trinkwassers auf Wasserlieferungen angewiesen. Viele Landarbeiter, aber auch Schulkinder klagen über Kopf-, Gliederschmerzen und Übelkeit. Leukämie ist keine seltene Krankheit in diesen Dörfern. Oft wird den Arbeitern keine ausreichende Schutzkleidung zur Verfügung gestellt, um mit den extrem giftigen Pestiziden zu arbeiten. Die Arbeit unter sengender Hitze oder bei strömenden Regen ist extrem anstrengend. Hinzu kommt, dass man sich an den spitzen Blättern der Frucht leicht Verletzungen zufügen kann. Haut-, Augen- und Nervenschäden sind die Folge.

 

Was sind SAN-Standards und wie nehmen sie Einfluss auf die Situation?

Mittlerweile arbeiten die großen Konzerne mit dem Netzwerk für Nachhaltige Landwirtschaft, “Sustainable Agricultural Network”, zusammen. Dies ist ein Zusammenschluss von unabhängigen Umweltschutzorganisationen, die Standards für eine nachhaltige Landwirtschaft, die sogenannten SAN-Standards, entwickelt haben. Farmen können Zertifikate erwerben, die ihnen die Einhaltung der von SAN vorgeschriebenen Kriterien bestätigen. Zu diesen Kriterien gehören auch die von den großen Unternehmen oft vernachlässigten Aspekte, wie Gesundheit und gute Arbeitsbedingungen für die Arbeiter, Erhaltung der Ökosysteme und Gewässerschutz (6).

Fraglich ist, inwiefern diese Standards etwas ändern können, beispielsweise ist die von SAN erstellte Pestizidliste, die verbotene Pestizide auflistet, veraltet. Eine neue, stärkere Liste wurde erarbeitet. Allerdings wurde diese im zweiten Entwurf wieder geschwächt und liegt nun auf Eis.

 

Kann ich als Verbraucher selber mithelfen, um die Situation zu verbessern?

Getreu dem Prinzip “Das Angebot bestimmt die Nachfrage” kann man als Verbraucher Einfluss auf das Produktionsverhalten der Konzerne nehmen. Beispielsweise indem man Produkte kauft, die biologisch angebaut und fair gehandelt sind. Problematisch bei dieser Lösung ist, dass umweltgerecht angebaute und fair gehandelte Ananas im deutschen Supermarkt kaum zu finden sind.

Wenn eine Ananas bei uns für 1,50 Euro oder weniger angeboten wird, ist diese mit Sicherheit weder fair gehandelt, noch entspricht ihr Anbau ökologischen Kriterien oder sozialen Standards. Das kann der Endpreis gar nicht leisten. Die Einkäufer unserer großen Lebensmittelketten wie ALDI, REWE, EDEKA und LIDL diktieren den Produzenten niedrige Preise. Folglich versuchen diese, über riesige Mengen und Lohndumping ein erträgliches Einkommen zu erzielen.

Anstatt also zur konventionellen Ananas zu greifen, sollte, wer dennoch nicht auf tropisches Obst verzichten will, zumindest Bio-Ananas oder Bio-Mango kaufen. Letztere werden in Costa Rica nämlich nicht in Mono- sondern umweltverträglicheren Mischkulturen angebaut. Allerdings sollte man sich auch die Frage stellen, ob es nicht ein heimisches Obst auch tut. Ein 100 g schwerer Apfel beispielsweise liefert dieselbe Energie und Vitamine wie 100 g Ananas (7). Natürlich ist das eine Einschränkung in unserer Konsumvielfalt. Aber sind gesunde Menschen und eine gesunde Umwelt uns das nicht wert?

 

Quellen

1) Verbraucherzentrale Thüringen: Ananas – eine Umweltsünde wert?, 11.03.2008
2) United Nations Conference on Trade and Development: Infocomm Commodity Profile Pineapple, 2016
3) La nacion: La cuestionable sustentabilidad ambiental de la piña, 27.11.2011
4) Die Tageszeitung: Mängel bei Bio-Ananas: Weniger öko als gedacht, 05.07.2014
5) Deutschlandradio Kultur: Ananas-Anbau. Süß und giftig, 17.02.2014
6) Sustainable Agricultural Network: Standard für nachhaltige Landwirtschaft, Juli 2010, Version 3
7) Global 2000: Ananasanbau in Costa Rica: Exotische Früchte für den Norden auf Kosten des Südens, 2010

 

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